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Seit sich die Krankenkassen nicht mehr an den Kosten für eine Brille beteiligen, überdenken Fehlsichtige den Kauf besonders gründlich.Foto © ZVA/Skamper

Kein Geld für eine (neue) Brille

Viele Fehlsichtige können sich keine (neue) Brille leisten oder zögern den Kauf möglichst lange hinaus, seit sich die Krankenkassen nicht mehr an den Kosten beteiligen.

Die Apotheken-Umschau hat bei der GfK Marktforschung Nürnberg eine repräsentative Umfrage zur Streichung der Kostenübernahme für eine Brille durch die Krankenkassen in Auftrag gegeben. Demnach finden es 86,1 Prozent der Befragten (egal, ob Brillenträger oder nicht) „absolut nicht fair“, dass es keine Zuzahlung für die Sehhilfe mehr gibt. Mehr als jeder sechste (17,5 Prozent) der befragten Brillenträger hat sich nach eigener Aussage aus finanziellen Gründen schon sehr lange keine neue Brille mehr zugelegt. Immerhin drei Viertel (75,5 Prozent) schieben den Brillenkauf auf die lange Bank und schaffen sich nur dann eine neue Brille an, wenn es sich nicht mehr vermeiden lässt, beispielsweise, wenn sich die Sehstärke geändert hat. Nur 15,7 Prozent der Brillenträger legten sich alle ein bis zwei Jahre eine neue Brille zu, heißt es in der Apotheken Umschau.

Viele können sich vor allem spezielle Gläser nicht leisten

Von der Streichung der Zuzahlung sind am stärksten diejenigen betroffen, die eine starke Korrektion der Fehlsichtigkeit benötigen oder spezielle Gläser wie etwa für eine Gleitsichtbrille. Einer Studie des Robert-Koch-Instituts zufolge benötigen außerdem viele Menschen mit niedrigem sozialökonomischem Status in NRW eine Brille, können sie sich aber nicht leisten. Einige Sozialverbände unterstützen Menschen in schlechter finanzieller Lage beim Brillenkauf.

Verhandlungen um Kosten für die Gleitsichtbrille

Dass der Kampf für das Recht auf gutes Sehen nicht immer einfach ist, zeigt ein Fall, der am Sozialgericht Frankfurt am Main verhandelt wurde. Der Kläger, ein Empfänger von Hartz IV, hatte vom Augenarzt eine Gleitsichtbrille verordnet bekommen. Die Brille sollte 147 Euro kosten, die das Jobcenter nicht übernehmen wollte. Der ärztliche Dienst der Agentur für Arbeit hielt eine Brille zum Erreichen der bestmöglichen Sehkraft für die Aufnahme einer Tätigkeit aber für notwendig und sinnvoll. Das betreffende Jobcenter wollte trotzdem nur eine Brille für die Nähe mit 19 Euro zahlen. Der Betroffene legte Klage ein. Das Sozialgericht erklärte in seinem Urteil unter anderem, dass der Kläger allein schon für die Wegstrecke zur Arbeit eine entsprechende Sehhilfe benötige, um Gefährdungen im Straßenverkehr auszuschließen. Das Jobcenter muss nun die Kosten für die Gleitsichtbrille tragen.



 

21.09.2016